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Bei Ormuts einem Auge: Endlich
wieder Ruhe. Und wie habe ich mich darauf gefreut, unter Alamans dunklem und
kühlenden Dach zu sitzen, eine Wasserpfeife zu rauchen, den Versen der
Alten zu lauschen und - das Erlebte zu verarbeiten...
Bei allen
Dämonen Midgards... Was gibt es doch für merkwürdiges Volk auf
diesem Boden. Und diese Zauberer. Ich werde sie nie verstehen. Ich weiß
auch nicht, ob es gut wäre.
Ich bin ja nur ein einfacher
Seemann...
Aber entschuldigt, ich bin unhöflich, mich meinen
Gästen nicht vorzustellen: Mustafa al Basra ist mein Name, Fennek rufen
mich meine Freunde. Doch, ich gebe zu, der alte Wüstenfuchs ist schon
in jungen Jahren müde geworden. Vielleicht wird es doch Zeit, die
schwankenden Planken zu verlassen, mir ein Weib zu nehmen und zu Ehren Ormuts
viele Kinder zu zeugen. Und ihnen meine unglaublichen Erlebnisse abends am
Feuer zu erzählen, nur die Sterne und das Auge des Mundes über uns.
Das prasselnde Feuer Ormuts beschützt uns vor den Geschöpfen Alamans
- und die es wirklich überall gibt, das kann ich beschwören...
Ihr versteht mich nicht? Ah, natürlich, vielleicht sollte ich
etwas weiter ausholen. Wie ich schon erwähnte, ich bin Seemann. Na ja, ich
gebe zu, es ist schon ein vielfältiges Metier, die Schiffahrt, aber ich
habe immer mein Auskommen gefunden.
Es trug mich in die kalten Gefilden
der Wyrdsee, und unter den bärtigen, derben und trotz der Dunkelheit und
des Eises fröhlichen nordischen Gesellen fand ich manchen Freund fürs
Leben.
In den albischen Wäldern ging ich auf die Jagd, feilschte
auf den Basaren Rawindras, prügelte mich mit Möchtegern-Fechtern in
den Küstenstaaten, kreuzte über nahezu alle Meere und Seen.
Überall lernte ich das Gleiche kennen: Liebe und Leid, Freude und Tod,
gottesfürchtige Menschen und verdammte Kreaturen und ihre verkommenen
Diener, Großmäuler und respekteinflößende Alte.
Kan-Tai kreuzten meinen Weg und machten mir klar: dieses Land wirst du um
jeden Preis meiden. Unter diesen Verrückten, von denen die eine
Hälfte insgeheim Spinnengötter anbetet, die andere Hälfte sich
mit wirren Bewegungen, Gejaule, schwarzer Kleidung und mit Feuerwerk um sich
werfend als Meuchelmördern entpuppt, kann dir auf Dauer nicht einmal Ormut
beistehen...
Dann kam meine letzte Reise. Selbst die Fahrt mit Sandobar
war im Vergleich nichts dagegen!
Ich ließ mich überreden,
mit einem albischen Magier und einer druidischen Hexe nach Nahuatlan zu reisen,
um dort einer ortsansässigen Priesterin irgend einen magischen Tand zu
bringen. Ohne den ist dieses Völkchen wohl nicht in der Lage, zu ihren
Göttern sprechen. Bei Ormut, was für ein armseliges Land. Und dann
leben sie dort noch ohne Schiffe, ohne geschmiedeten Stahl und die Vorzüge
des Rades...
Nachdem wir uns von meinen waeländischen Freunden
geheim an Land bringen ließen, natürlich Metall in dieses
vergessenswerte Land hinein schmuggelnd, war ich tatsächlich mit diesen
beiden Zauberern alleine. Ich habe zwar immer versucht, das ganze als Urlaub zu
sehen, was auch eine Weile funktionierte.
Aber zum einen machten es mir
die beiden vesternessischen Gestalten nicht einfach. Entweder redeten sie nicht
miteinander, da sie ohnehin wußten, was der andere dachte oder wollte.
Oder sie waren schlimmer als jedes alte Ehepaar, das sich über
Kleinigkeiten streitet und über Jahrhunderte die gleichen
Grundsatzdiskussionen über magische Theorien, Vor- und Nachteile der
Götterwelten, Sphären oder Weltentore führt. Aber ich hielt
mich gerne zurück und genoß die wenigen Vorzüge des Landes:
Sonne wie Zuhause, zumeist freundliche Menschen, Pyramiden ähnlich wie in
der Heimat und etliche kulinarische Genüsse.
Doch dann stellte
sich wieder einmal heraus, daß die Einheimischen sich nicht selbst helfen
können und ich als Urlauber dafür sorgen müsse, daß ein
neues Zeitalter anbrechen kann. Was immer auch das heißen soll. Ich bin
ja nur ein einfacher Seemann.
Also machten wir uns zu dritt auf, die
Geschicke dieser kleinen Insel voll blutrünstiger Priester,
Spinnenetzflechter und 100-GS-zu-1-KS-Tauscher neu zu sortieren. Und, um Zeit
zu sparen - als ob die beiden jeden Tag zählen müßten oder
gegenüber einem einfachen Seemann Profilierungsnöte hätten -
wollten meine "Zauberfreunde" nicht zu Fuß wandern, sondern uns mit
magischem Hokus Pokus einen Weg bahnen. Ich glaube, der Magier murmelte etwas
von "Sphären-Ping-Pong" oder so ähnlich, weil "Weltentore" diesmal
irgendwie nicht angebracht seinen... Man will ja kein Aufsehen erregen. Ha!
Ich habe nie verstanden, was da vor sich ging, aber anscheinend sind
wir über eine andere "Welt" zu einem anderen Punkt auf dieser
merkwürdigen Insel gereist. Den Ort hatte er, so sagte der Magier
zumindest, vor kurzem schon einmal gesehen. Wie, daß wollte er mir nicht
erklären. Ich frage mich natürlich trotzdem, wie dieser
35-jährige Kerl diese merkwürdige Pyramide (als kleiner Einschub:
Pyramiden werde ich später noch einmal erwähnen) gesehen haben will,
wenn er ebenfalls zum ersten Mal in Nahuatlan ist...?
Aber ich bin ja
nur ein einfacher Seemann, und man braucht ja gar nicht erst zu versuchen, mir
etwas zu erklären...
Auf alle Fälle klappte diese Art zu
reisen wohl ganz gut, obwohl er und seine dominante Begleiterin (warum
müssen nicht-scharidische Frauen eigentlich immer Männern
widersprechen?) davon scherzten, daß mehrere Freunde und Kollegen dabei
schon öfters "falsch abgebogen" sein. Was das heißt, sollte ich auch
noch erfahren...
Doch eins nach dem anderen.
Anscheinend einige
Sphären, Geschichten über den Seemeisterkrieg und sonstige
Unglaubwürdigkeiten weiter landeten wir mitten unter dämonischen
Zauberinnen und auf einer lange Zeit verschwundenen nahuatlanischen Pyramide -
der besagten. Die dann entgegen allen Voraussagen doch einen Eingang hatte und
einen der "Schlüssel" zur Zeitenwende enthielt - wenigstens etwas. War
eigentlich bis auf den Schlagabtausch mit einem der in der dortigen Fauna
vorkommenden Mondjaguare ein Spaziergang.
Und dann kam der
Rückweg. Und es passierte. Falsch abgebogen. Ha! Anstatt wie normale
Menschen ein Schiff zu benutzen - was natürlich in diesem komischen,
angeblich zivilisierten Land ein Problem darstellt - oder zu Fuß zu gehen
mußte wieder mit magischen Tricks demonstriert werden, was technisch
alles "geht".
Das man mit dem Chaos in Person feilschen kann, scheint
nun eine Tatsache zu sein. Ich möchte aber weiter davon ausgehen,
daß das ganze
zufällig-auf-einer-Chaosebene-landen-und-als-Dankeschön-einen-Auftrag-ausführen
nur ein Traum war, den mit Alaman zur Verwirrung sandte und den ich nunmehr
vergessen werde!
Als Entschuldigung murmelten hinterher die beiden
"Spezialisten" etwas von "einer Chance von zwei mal eins zu 20", die aber "aus
Erfahrung doch zu 50% eintritt" oder so ähnlich. Ein Albai namens Murphy
sei der Begründer dieser mathemagischen Theorie. Das soll einer verstehen.
Mit ihren Zauberer-Kollegen seien sie jetzt "gleich gezogen und
gehörten jetzt mit zur Elite". Und es sei wieder "demonstriert worden,
daß falsch abbiegen eigentlich nie in den Tod führen, sondern zu dem
allgemeinen Erfahrungsschatz richtiger Abenteurer eigentlich zugehören
würde" oder so ähnlich. Hätte mich das ganze nicht so
mitgenommen, hätte ich ihnen gerne meinen reichhaltigen Erfahrungsschatz
an waeländischen Spielen demonstriert und ihnen ihr nichtsnutziges
Plapperwerk gebleut, so daß sie zu recht geschwollen daher reden
könnten. Bei Ormuts langem Bart, eigentlich schlage ich ja keine
Frauen oder klapprigen Magier; aber hier würde ich jederzeit eine Ausnahme
machen... Eines weiß ich genau: so etwas macht mein an sich noch
junges Herz nicht mehr allzu oft mit. Dann lieber reihenweise Pfeile Alamans,
in einen Iglu in Waeland eingeschlossen sein oder 10 keifende Eheweiber nebst
Schwiegermüttern Tag und Nacht...
Deshalb denke ich ernsthaft
darüber nach, das Abenteurerhandwerk an den Nagel zu hängen und mich
zur Ruhe zu setzen und das normale Leben zu genießen.
Doch dabei
habe ich eine schreckliche Vision: Mein neues Domizil an der Mündung des
Sabil bezogen, von meinem letzen Sold einen Kamelverleih mit Blick auf unsere
idyllisch gelegenen Pyramiden aufgemacht ergötze ich mich an Ormuts
reichhaltig für mich bereitstehender Lebenstafel. Meine Kinder und Enkel
sitzen um mich herum, meine treue Gemahlin bäckt Fladenbrote und
füllt meine Wasserpfeife auf, und in der Abendsonne erzähle ich von
der großen, weiten, schier unbegreiflichen Welt, in die uns Ormut in
seiner grenzenlosen Weisheit gesetzt hat. Irgendwann tut sich direkt vor
mir ein flirrender Spalt in der Luft auf, und die beiden Spezialisten kommen
mit einer Gruppe von freundlich lächelnden Kan-Tai wie aus dem Nichts
heraus getreten. Mir einen kurzen Gruß zuwerfend führen sie die
Urlauber im Sonnenuntergang die paar Schritte auf unsere Pyramiden zu und
fangen an zu fachsimpeln, was diese Bauten mit den eben gesehenen
Steinpyramiden Nahuatlans gemein hätten. Die Schlitzaugen stellen sich
alle als Zauberer heraus, die sofort anfangen, die Bilder für die
Verwandten zu Hause in magische "Zauberwirklichkeits-Steine" zu speichern und
fragen, ob wir uns nicht wegen der besseren Wirkung als primitive Eingeborene
vor den alten Steinen postieren könnten. Bevor ich Zeit für eine
Erwiderung finde, winken mir alle fröhlich zu und verschwinden mit einem
"wir müssen weiter, die rawridischen Tempelanlagen und Juruguru warten
noch" wieder in besagtem Spalt.
Bei Ormut - mir reicht es.
Verrückten sagt man ja den besonderen Segen Ormuts nach, aber ich
weiß ja nicht, ob das alles stimmt. Ich bin halt nur ein einfacher
Seemann.
Morgen gehe ich auf jeden Fall sofort auf dem Basar zu einem
befreundeten Thaumaturgen und lasse mir ein persönliches Spiegelamulett
gegen Magie und göttliche Willkür im Allgemeinen herstellen.
Koste es, was es wolle...
Und wenn ihr die Namen Bol oder Mereda
hört - bei Alamans dämonischen Dienern, lauft bis ans Ende der Welt.
Obwohl sie euch doch einholen werden...
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