Earthdawn Grundregeln (2e)

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Was ist Earthdawn?
Earthdawn ist ein Fantasy Rollenspiel.
Das Regelwerk ist komplex und für erfahrene Rollenspieler geschrieben.
Diese werden aber schnell von der Hintergrundwelt fasziniert.
Die Hintergrundwelt
Die Hintergrundwelt ist im Grundregelwerk enthalten. Weitere Beschreibungen findet man in zusätzlichen Quellenbüchern.
Earthdawn handelt von einer fiktiven Vergangenheit unserer Welt¸ als der Magiepegel noch sehr hoch war und Zauberei¸ andere Völker (wie Elfen¸ Zwerge¸ etc.) noch existierten.
Durch das Ansteigen des Magiepegels war es Wesen aus einer anderen Existenzebene¸ die als Dämonen bezeichnet werden¸ möglich¸ auf die Welt überzuwechseln. Um sich vor diesen Dämonen zu schützen¸ schloss man sich in unterirdischen Verstecken ein. Dort wartete man auf das Ende der Dämonenplage.
Earthdawn spielt nach dieser Plage. Ganze Städte und Nationen sind während ihr untergegangen oder verschollen.
Die Welt hat sich grundlegend verändert und muss vollständig neu erkundet werden. Überall trifft man auf die Vermächtnisse der Dämonen¸ die das Reisen selbst zu einem Abenteuer werden lassen.
Die Welt ist unheimlich atmosphärisch beschrieben¸ und allein das Lesen der Quellenbücher und der Hintergrundsbeschreibung inspiriert immer wieder zu neuen Abenteuern für Earthdawn.
Das Setting von Earthdawn weicht von den üblichen Fantasy-Klischees ab. Die Stimmung ist etwas düsterer¸ lädt zu den unterschiedlichsten Abenteuern vom normalem Fantasy bis zu Lovecraft- oder Moorcockschen Abenteuern ein.
Die Charaktere erleben die Welt in einer Aufbruchsstimmung. Alles ist neu und unerforscht. Hinter jeder Wegbiegung kann schon ein neues Abenteuer oder ein Verhängnis lauern.
Insgesamt halte ich diese Welt für eine der gelungensten Fantasy-Settings und kann sie nur empfehlen
Das Regelsystem
Earthdawn ist eine Mischform zwischen stufenbasierten und stufenlosen System. Die Charaktere eignen sich eine Disziplin (Charakterklasse) an. Durch ihre Disziplin erhalten sie dann in einem Kreis (Stufe) eine Anzahl von Talenten (Fähigkeiten). Wenn die Charaktere diese Talente mit ihren Legendenpunkten (Erfahrung) über ein bestimmtes Level gesteigert haben¸ müssen sie sich einen Lehrmeister suchen¸ der ihnen dann den Aufstieg in den nächsten Kreis ermöglicht. Im neuen Kreis können sie dann wieder neue Talente lernen.
Es gibt 8 Völker (Menschen¸ Elfen¸ Zwerge¸ T'Skrang [Echsenwesen]¸ Windlinge [kleine¸ geflügelte Wesen]¸ Obsidianer [Steinmenschen]¸ Trolle und Orks).
Die grundlegenden Disziplinen sind: Dieb¸ Geisterbeschwörer¸ Illusionist¸ Krieger¸ Luftpirat¸ Magier¸ Schütze¸ Schwertmeister¸ Steppenreiter¸ Troubadour und Waffenschmied.
Das Regelsystem ist gut durchdacht und basiert auf einem zentralen Würfelsystem.
Grundsätzlich ermittelt man einen Stufenwert für einen Würfelwurf (zum Beispiel Attributsstufe + Talentrang). Dieser Stufenwert ergibt dann einen oder mehrere Würfel¸ deren Ergebnisse zusammenaddiert werden. Zeigen ein oder mehrere Würfel ihr Maximum¸ darf dieser ein zusätzliches Mal geworfen werden. Das Endresultat wird dann als Ergebnis genommen.
Bei Proben wird dieses Ergebnis gegen einen Schwierigkeitswert verglichen.
Bei Schadenswürfen entspricht das Resultat dem verursachten Schaden (der aber durch Rüstung noch vermindert werden kann).
Das Interessante an diesem System ist die Tatsache¸ dass das durchschnittliche Ergebnis der Würfel dem der Stufe entspricht. Besitzt man beispielsweise in einer Probe eine Würfelstufe von 8¸ so ergibt das 2W6 als Würfel. Diese würfeln im Schnitt (Hochwürfeln mit eingerechnet) ungefähr eine Acht.
Bei wichtigen Talenten kann außerdem noch Karma investiert werden¸ um das Resultat des Würfelns durch einen Karmawürfel zu optimieren.
Die Magie in Earthdawn basiert auf verschiedenen Prinzipien.
Zunächst einmal ist alles mit Magie durchzogen. Und so sind nicht nur die Zauberkundigen (Magier usw.) in der Lage¸ Magie zu wirken. Auch die anderen Disziplinen wirken ihre Talente mit Magie.
Ein Dieb könnte seinen Finger zu einen Dietrich werden lassen¸ um damit ein Schloss zu öffnen.
Zauberfähige Charaktere haben in jedem Kreis Zaubersprüche¸ die sie erlernen können.
Jeder Zauberkundige hat Zaubermatritzen¸ in die er jeweils einen Zauber einbetten kann. Aus diesen Matritzen werden die Zauber gewirkt. Dafür hat ein Zauberkundiger keine Astralpunkte oder memorierte Zauber. Er kann also grundsätzlich so oft zaubern¸ wie er möchte.
Einige Zauber wirken sofort (innerhalb einer Runde)¸ andere sind komplexer. Bei diesen muss der Zauberkundige noch magische Fäden um die Matrix weben¸ damit er zaubern kann. Dieses Fadenweben kostet Zeit.
Der Kampf ist rundenbasiert. Zunächst wird die Initiative gewürfelt und jeder Spieler kündigt die Aktionen seines Charakters an. Danach wird gehandelt. Dabei gibt es nicht nur Attacke und Parade sondern viele unterschiedliche Talente. Ein Krieger beschleunigt seine Aktionen beispielsweise mit Lufttanz und führt dann einen spektakulären Angriff aus¸ währenddessen der Schwertmeister zunächst einmal ein Manöver ausführt¸ und alle Angriffe mit einer Riposte kontert.
Das macht den Kampf sehr abwechslungsreich und auch sehr stimmungsvoll.
Was enthält die zweite Edition?
Die zweite Edition von Earthdawn kommt als mehr als 300 Seiten starkes Softcover in etwa DIN A4 Format in den Handel. Das Cover ist farbig und zeigt das übliche Earthdawn Titelbild¸ das auch auf der ersten Edition zu finden war. Der Inhalt ist schwarzwei߸ bei Texten wie Grafiken.
Zusätzlich ist noch eine farbige Karte der Provinz Barsaive enthalten¸ die lose gefaltet im Regelwerk beiliegt. Die in der ersten Edition enthaltenen Pappbeilagen fehlen¸ ebenso die farbigen Grafiken¸ die das Regelwerk der ersten Edition schmückten.
Die enthaltenen Grafiken stammen größtenteils aus der ersten Edition (Laubenstein). Ansonsten wurden einige Zeichnungen von Kathy Schad (Macherin der deutschen Earthdawnsite - Wyferns Lair) integriert. Diese werden von den meisten als sehr viel besser bewertet¸ als die Grafiken aus der englischen zweiten Edition.
Unterschiede zur ersten Edition
Die Unterschiede zwischen der ersten und der zweiten Edition¸ die einem als erstes ins Auge fallen¸ sind das Softcover sowie das Fehlen der farbigen Bilder und der Handouts.
Die Regeländerungen fallen einem auf den ersten Blick nicht so wesentlich auf¸ sind aber durchaus bedeutend. Unausgewogenheiten und Regelunstimmigkeiten wurden meist durch leichte Veränderungen in den Beschreibungen der einzelnen Talente korrigiert. Die einzelnen Disziplinen wurden teilweise leicht verändert¸ sodass einige von ihnen jetzt ausgeglichener sind.
Disziplinen¸ die beispielsweise in der ersten Edition noch 7 Talente im ersten Kreis bekamen¸ wurden auf den Stand von 6 Talenten angepasst. Einige Talente wurden für ihre Disziplinen um ein paar Kreise herauf oder herabgesetzt.
Die Veränderungen in den Regeln wurden sehr harmonisch integriert¸ sodass sie gut ins Bild passen. Alle Änderungen im Detail aufzulisten¸ würde den Rahmen dieser Rezi sprengen. Eine Liste mit den Änderungen findet man im Internet (http://www.vestrial.net/download/ed2.pdf).
Unterschiede zwischen der deutschen und der englischen zweiten Edition
Inhaltlich unterscheiden sich der Werke in einer einzigen Talentbeschreibung (Hieb Ausweichen)¸ bei der die deutsche Version die Regelung aus der ersten Edition übernommen hat.
Die restlichen Spielregeln und die Hintergrundswelt sind nach wie vor identisch.
Das deutsche Layout entspricht größtenteils dem der ersten Edition. Dies wird von den meisten Spielern¸ die sich mit dem Anime-Stil der englischen Second Edition nur schwer anfreunden konnten¸ begrüßt.
Wird es jetzt zwei unterschiedliche Versionen (deutsch & englisch) geben?
Höchstwahrscheinlich nicht! Die Unterschiede zwischen dem englischen und dem deutschen Regelwerk sind nur von kosmetischer Natur. Der Kern und 99% der Regelungen sind identisch. Die Hintergrundswelt unterscheidet sich gar nicht.
Abgesehen davon scheint sich Games In in nächster Zukunft darauf zu konzentrieren¸ die bestehenden Quellenbücher ins deutsche zu übersetzen¸ anstatt eigene Werke zu produzieren.
Lohnt sich der Einstieg in dieses Rollenspiel?
Die Antwort ist ein definitives: Ja!
Earthdawn ist eines der stimmungsvollsten Rollenspiele¸ die es gibt. Die Hintergrundswelt ist einmalig und ermöglicht die unterschiedlichsten Ansätze für Abenteuer.
Sei es die Entdeckung des Landes¸ der Kampf gegen das Theranische Imperium oder die Bekämpfung der noch verbliebenen Dämonen.
Bei den Quellenbüchern und Abenteuern liegt das Hauptaugenmerk auf einem sehr stimmungsvollen Rollenspiel.
Inhaltslose Quellenbücher voll von Ausrüstungslisten sucht man bei Earthdawn vergebens. Stattdessen werden inspirierende Inhalte geboten¸ die Spielleiter und Spieler eine Menge Ideen fürs Rollenspiel bieten.
Ein kleines Manko ist allerdings die Tatsache¸ dass es nicht viele Kaufabenteuer gibt. Wie bei den meisten Rollenspielen wird der Spielleiter die Abenteuer aus den eigenen Ideen anfertigen müssen.
Dies wird durch die Mengen an Inspirationen in den verschiedenen Quellenbüchern ohne weiteres ausgeglichen.
Bemerkenswert ist auch¸ dass sich in Deutschland trotz der langen Durststrecke¸ die die Spieler aushalten mussten¸ eine sehr engagierte Internetgemeinschaft gebildet hat.
Hier sei auf das Earthdawn Portal earthdawn.de und die Earthdawn-Mailingliste ED_D bei den Yahoo-Groups verwiesen.
Auf diesen Seiten findet man eine Menge Informationen¸ Unterstützung bei Problemen und vor allem selbstentwickeltes Material¸ das den professionellen meist in nichts nachsteht.
Daher kann Earthdawn ohne Bedenken als sehr gutes Rollenspielsystem empfohlen werden.
Lohnt sich der Umstieg von der ersten auf die zweite Edition?
Auch hier wieder ein 'ja'¸ diesmal aber ohne Ausrufungszeichen...
Die Second Edition ist definitiv besser als die erste¸ denn viele Ungereimtheiten¸ die erst bei längerem Spiel zum Vorschein kamen¸ wurden durch Änderungen und Anpassungen ausgeglichen.
Earthdawn¸ second Edition ist dementsprechend ausgereifter und ausgeglichener als die erste Edition.
Dabei wurden die Änderungen fast unmerklich eingesetzt¸ sodass man manchmal über geänderte Passagen hinwegliest¸ ohne die Änderung wahrzunehmen.
Eine detaillierte Übersicht über die geänderten Regeln ist im Internet zu finden.
Fazit:
Die Kosten von ca. 35 Euro für das Regelwerk sind sicherlich ein Preis¸ bei dem man sich einen Umstieg zweimal überlegt. Bedenkt man allerdings die Tatsache¸ dass Earthdawn schon Anfang der 90er mit DM 65¸- auf den Markt kam¸ so ist die Preissteigerung als minimal zu bewerten.
Dafür bekommt man auch 390 Seiten mit Regelwerk¸ Beschreibung der Hintergrundwelt¸ Bestiarium und Spielleitertipps in einem Werk. Vergleichbare Regelwerke (DSA¸ D&D) verteilen diese Inhalte auf drei Produkte¸ die insgesamt weit heftiger in dem Geldbeutel schlagen.
Die Ausarbeitung ist sehr gut. Die Tatsache¸ dass trotzdem einige Flüchtigkeitsfehler enthalten sind und dass das Earthdawn Regelwerk in Softcover erscheint¸ wird von den vielen Spielern beklagt und geht mit einem Punkt Abzug in die Bewertung ein.
Die Übersichtlichkeit hat durch eine Umstrukturierung des Regelwerkes noch weiter zugenommen. Zusammen mit dem sehr umfangreichen Index ist sie als sehr gut zu bewerten. Auch hier maximale Punktzahl in meiner Bewertung.
Die gleiche Bewertung gebe ich in der Spielbarkeit¸ da Earthdawn ein Rollenspielsystem ist¸ dass sich sehr gut spielen lässt¸ eine sehr stimmungsvolle Hintergrundswelt und sehr interessante und spielbare Regeln besitzt. Zusammen mit der Tatsache¸ dass das Regelwerk als 'stand alone' alle notwenigen Inhalte besitzt¸ um es spielen zu können¸ gebe ich auch hier maximale Punktzahl.
Damit kommt man auf eine Bewertung von 94 Prozent¸ was ja einer 2+ bzw. einer 1- entspricht und ich denke¸ das ist eine sehr treffende Bewertung für ein ausgezeichnetes Rollenspiel¸ das vielleicht noch ein¸ zwei kleine Schönheitsfehler hat¸ die man aber durchaus tolerieren kann.
