Wüstenplanet 2: Der Herr des Wüstenplaneten

Fantasy-Kritik beim Sternenwanderer
Weitere Rezensionen und informative Artikel unterfantasykritik.wordpress.com/
Rezension: Dune - Der Herr des Wüstenplaneten - Die Last des Regierens
2020-11-22
So kahl wie die Blätter zeigt sich derzeit auch das Kinoprogramm. Ein prominentes Opfer: der neue Dune-Film, der auf den 1. Oktober 2021 verlegt wurde. Was tun? Zum Beispiel die Bücher lesen. Nach Band eins hab ich mir den Nachfolger geschnappt.
Dune - Der Herr des Wüstenplaneten
Autor: Frank Herbert
Erscheinung: 1969
Seitenzahl: 298 (Taschenbuchformat) als Taschenbuch 8,95 Euro, eBook 7,99 Euro
Eine staubtrockene Aufmachung
Das Design bleibt auch im zweiten Buch der Linie treu. Das einzige Bild ist auf dem Titel zu sehen und zeigt einen Wüstenlandschaft, in der ein paar Pflanzen wachsen. In der Luft ist ein Raumschiff oder Flugzeug zu sehen.
Die Kapitel werden wieder von innerweltlichen Quellen aus dem Setting eingeleitet. Die Kapitellängen sind wieder sehr unterschiedlich, aber trotzdem gut aufgeteilt. Die flüssige Schreibweise bleibt erhalten, wird aber sehr poetisch an mehreren Stellen. Auffällig ist der eher geringe Umfang von 298 Seiten im Taschenbuch. Band eins und drei kommen dagegen in den oberen Hunderter-Bereich. Auf einen Anhang wurde verzichtet, obwohl neue Fraktionen und Begriffe ihn gut ausgefüllt hätten. Auch ein Inhaltsverzeichnis fehlt.
Wegen der kargen Optik bleiben nur 2 von 5 Sandwürmer.
Ein Jihad, ein neues Imperium
Die Handlung setzt einige Jahre nach dem ersten Roman ein. Der große Jihad der Fremen hat bereits zahlreiche Welten erfasst und viele Leben gekostet. Trotz Paul Atreides Abneigung dagegen kann er die Bewegung nicht stoppen, da er sie für seine Rache an den Harkonnen und Haus Corrino selbst entfesselt hat. Gleichzeitig wollen seine Gegner Paul stürzen. Da ihnen für eine direkte Konfrontation die Mittel fehlen, soll ein Maulwurf Paul desillusionieren und schließlich töten. Das verrät der Autor schon früh im Buch, ähnlich wie den Namen des Verräters im Vorgänger.
Zugleich bleiben Paul und seiner geliebten Chani eigene Kinder bis auf weiteres versagt. Das schürt weitere Unruhe, zumal Pauls offizielle Ehefrau, Prinzessin Irulan, mehr als reine Zierde sein will. Gleichzeitig schreitet das Terraforming von Arrakis mit großen Schritten voran. Daher leben viele Fremen nicht mehr als Wüstennomaden, sondern sesshaft in neuen Oasen. Das stört wiederum viele Traditionalisten, die ihre alte Lebensweise vermissen.
Zugleich hat das neue Imperium selbst eine bürokratische Ordnung ausgebildet, um die zahlreichen Planeten und Untertanen zu verwalten. Paul und seine Schwester Alia werden zudem von vielen Menschen als Heilige der neuen Religion verehrt, die von den Fremen verbreitet wird. Zahlreiche Konvertiten dienen wiederum als Beamte der neuen Ordnung.
Während im ersten Buch noch der Krieg um Arrakis zwischen Harkonnen und Atreides im Mittelpunkt stand, verlagert sich das Geschehen diesmal ganz auf die religiöse und politische Ebene. Noch mehr als im ersten Buch werden viele Details nur am Rande erwähnt. Das gilt besonders für Details des blutigen Jihad wie Prozesse gegen "Ketzer" und die ausufernde Bürokratie. Das mag auch dem geringeren Umfang geschuldet sein, erschwert mir aber, die Tragweite des Geschehens einzuordnen. Zumal Kritik an Bürokratie einer der Hauptpunkte von Herbert ist. Dazu kommt eine Skepsis gegenüber blindem, religiösem Fanatismus. Kämpfe und Aktion gibt es nur vereinzelt.
Auf der positiven Seite sei vermerkt, dass die Handlungsstränge wieder gut verwoben werden. Alles fühlt sich so an, als seien die Pfeiler der Geschichte nicht erst für diesen Roman gelegt worden, sondern schon im Vorgänger. Das zeigt kluges Worldbuilding. Zudem bleibt es bis zum Schluss spannend, ob der Maulwurf seiner Aufgabe nachgeht oder doch noch auf Pauls Seite wechselt.
Trotz kleiner Schwächen finden noch 4 Sandwürmer gefallen.
Ein Imperator, ein Hofstaat
Paul ist zwar Imperator mit ihm treu ergebenen Fremen-Truppen, jedoch zugleich angewidert, dass er als Triebfeder für den Jihad dient. Er verfügt zwar immer noch über seine hellseherische Gabe, kann damit aber nur Teile der Zukunft erkennen. Den Großteil der Handlung hindurch bleibt er recht passiv. Erst am Schluss enthüllt er, warum er seine Gegner auch dort agieren ließ, wo er ihre Aktionen vorahnen konnte: um eine schlechtere Zukunft zu verhindern und den Jihad zu beenden. Damit ergibt sein Tun am Ende doch noch mehr Sinn, als es den Großteil des Romans über erscheint.
Seine Schwester Alia übernimmt als Hohepriesterin der neuen Religion eine wichtige Rolle. Gleichzeitig hadert sie mit ihrer beginnenden Pubertät. Chani wiederum konkurriert mit Irulan, die zumindest theoretisch Pauls Frau ist. Da Chani Probleme hat, einen Thronfolger zu empfangen, ist sie bereit, auch ihre Konkurrentin dafür ins Spiel zu bringen. Irulan wiederum intrigiert zwar gegen Paul, gehört aber nicht zum ganz harten Kern seiner Feinde.
Die Raumfahrergilde schickt mit Edric einen Botschafter an Pauls Hof. Damit wird auch enthüllt, wie Navigatoren eigentlich aussehen. Vorher wurde noch ein großes Geheimnis darum gemacht. Dazu kommt ein Gegner, der in der Lage ist, sein Aussehen anzupassen und so als Chamäleon äußerst gefährlich wird. Zudem kehrt ein tot geglaubter Charakter dank futuristischer Technologie zurück, diesmal aber als Philosoph jener Sekte, aus der Pauls Religion geworden ist. Die Entwicklung dieses Maulwurfs gehört zu den spannendsten Punkten im Buch.
Jede Figur ist wieder gut ausgearbeitet. Kein Charakter ist einfach nur gut oder böse, fast jeder hat nachvollziehbare Motive. Nur ein Kleinwüchsiger wirkt mit seiner vorlauten Art stellenweise störend, obwohl er auch sehr clever agiert. Wäre er etwas zurückhaltender, könnte er glatt der Bruder von Tyrion Lannister aus Game of Thrones sein.
Das Figurenkabinett unterhält 4 Sandwürmer.
Eine grüner werdende Welt
Der Großteil der Handlung spielt wieder auf Arrakis und dort vor allem im Herrscherpalast und der Hauptstadt Arrakeen. Dort haben sich inzwischen zahlreiche Diener und Veteranen des Imperiums niedergelassen. Durch den Einsatz des lange gesammelten Wassers werden zudem größere Teile von Dune mittlerweile von Oasen bedeckt. Die Wüste auf dem Wüstenplaneten wird kleiner. Viele Fremen mögen diese Entwicklung nicht und sehnen sich zurück nach der alten Zeit. Der ökologische Konflikt setzt damit langsam ein.
Daneben werden nur wenige weitere Schauplätze des Settings gestreift. Das gilt für den Hauptsitz der Bene Gesserit, wo eine wichtige Versammlung stattfindet, und noch mehr für die Heimatwelt der Bene Tleilax. Diese Gruppe kann mittels Genetik Menschen wie Produkte je nach Wunsch erschaffen. Auch künstliche Augen gehören zu ihrem Sortiment. Besonders ihre Fähigkeiten, aus den Zellen von Toten eine Kopie des Toten zu erschaffen und das Aussehen anderer Menschen anzunehmen bringen ihren das Misstrauen zahlreicher Mitmenschen entgegen. Über sie und ihre Heimatwelt gibt es im Buch leider nur wenige Infos.
Somit beschränkt sich der zweite Band noch mehr als Buch eins fast vollständig auf Dune selbst.
Trotz Beschränkung auf Dune gefällt 4 Sandwürmern das Worldbuilding.
Fazit
Die Fäden aus dem ersten Band werden aufgegriffen, mit neuen Ideen verwoben und ergeben wieder ein rundes Gesamtbild. Getrübt wird das etwas vom geringeren Umfang, dem Auslassen einiger Details, die für ein tieferes Verständnis der Handlung hilfreich wären, und der weitgehenden Beschränkung auf Arrakeen. Trotzdem finde ich auch den Herrn des Wüstenplaneten spannend zu lesen. Wer eine gute Fortsetzung des ersten Buchs will und auf Aktion weitgehend verzichten kann, wird hier wieder glücklich.
Am Schluss haben 14 von 20 Sandwürmern die Geschichte Pauls weiterverfolgt.
Eine Rezension von: Dennis 'Sternenwanderer' Rüter https://fantasykritik.wordpress.com/
